Kultur der Achtsamkeit - Prävention vor sexueller Gewalt

Im Rahmen der Erwachsenenbildung war Monika Rudolf, Präventionsbeauftragte der Koordinierungsstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt bei Erzbistum Bamberg zu einem Vortrag ins Jugendhaus St. Heinrich eingeladen.
Was ist damit gemeint, wenn von sexueller oder sexualisierter Gewalt gesprochen wird, diese Frage beantwortete sie eingangs ihres Vortrags. Es gibt eine Vielzahl von Bezeichnungen, in der Fachliteratur sind sexueller Missbrauch, sexuelle Gewalt und sexualisierte Gewalt die häufigsten. In der Erzdiözese Bamberg hat man sich auf den Begriff sexualisierte Gewalt verständigt. Anders als der Begriff sexueller Missbrauch bezieht er sich nicht nur auf den strafrechtlich relevanten Teil. Nach der Begriffsbestimmung der Deutsche Bischofskonferenz umfasst sexualisierte Gewalt „neben strafbaren sexualbezogenen Handlungen auch sonstige sexuelle Übergriffe und Grenzverletzungen.“ Das kann sich auf Drohungen oder körperliche, verbale, psychische oder mediale Übergriffe gegen den Willen des Kindes, des Erwachsenen ausdrücken, die in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. In der Definition wird nach drei Stufen unterscheiden. Zur Stufe 1 gehört das Missachten der persönlichen Grenzen und der Intimsphäre, was sich beispielsweise beim grundlosen Betreten von Dusch- oder Schlafräumen ausdrückt. Auch anzügliche Bemerkungen, die häufig gedankenlos oder zur allgemeinen „Belustigung“ fallen, gehören in diese Stufe. Setzt sich der Täter, die Täterin gar über den Widerstand des Anderen hinweg, dann ist die Stufe 2 erreicht. Hier führte die Referentin das „zufällige“ Berühren des Körpers oder aufgedrängte Küsse an. Als strafrechtlich relevant führte sie in der Stufe 3 die sexuelle Gewalt, Missbrauch mit Körperkontakt an. Beispiel gibt es hier viele wie das Zeigen von Kinderpornos, im Chat auf sein
Gegenüber einwirken, sexuelle Handlungen an sich durchzuführen oder sich nackt zu zeigen. Weitere sind Exhibitionismus. Die versuchte oder vollendete Vergewaltigung zählt ebenso dazu wie der Zwang den Täter oral zu befriedigen. Die Täter gehen sehr gezielt vor, verschaffen sich einen tadellosen Ruf und bauen ein Verhältnisverhältnis auf. Dann werden die Grenzen ausgetestet, wie weit man gehen kann und/oder der Missbrauchte wird sogar in die Enge getrieben „du hast mich so weit gebracht, alles deine Schuld“. Täter gibt es in allen Gesellschaftsschichten, zwei Drittel der Opfer sind Mädchen, was bedeutet, dass statistisch jedes vierte bis fünfte Mädchen betroffen ist oder jeder achte bis zwölfte Junge. Viele fühlen sich mitschuldig oder sprechen aus Scham nicht darüber, die Dunkelziffer ist sehr hoch. Wenn sich ein Kind merklich verändert, sollte man bei der Ursachenforschung auch dieses Thema mit in Betracht ziehen. Es können Ängste sein, impulsive Wut, Niedergeschlagenheit, Schlaflosigkeit, Selbstvernachlässigung und vieles mehr. Das Problem ist, dass es keine eindeutigen Anzeichen für sexuellen Missbrauch gibt. Im Zug der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch durch Geistliche und Mitarbeiter wurden im November 2002 die „Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche“, die die Deutsche Bischofskonferenz verabschiedet hatte, auf Diözesanebene umgesetzt. Im April 2013 wurde die „Koordinierungsstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt“ eingerichtet, die den Auftrag hat, Schulungen bei allen Mitarbeitenden durchzuführen. Noch sind nicht alle Mitarbeitenden entsprecht geschult, aber diese finden weiterhin laufend statt. Ein „Schutzkonzept der Erzdiözese Bamberg“ liegt seit Oktober 2019 vor, jeder Seelsorgebereich muss ein eigenes Schutzkonzept erarbeiten in dem u.a. der Beschwerdeweg und Ansprechpartner festzulegen sind. Für hauptamtliche Mitarbeitende sind 2-Tage-Schulungen verpflichtend, Ehrenamtliche die mit Kindern arbeiten, müssen ähnliche Veranstaltungen besuchen. Daneben müssen sie ein „erweitertes“ Führungszeugnis vorlegen, das bei Hauptamtlichen 3 Jahre und bei Ehrenamtlichen 5 Jahre gilt. Dieser sehr aufrüttelnde Vortrag war gut besucht, hätte aber wesentlich mehr Zuhörer zur Teilnahme bewegen sollen. Die Frage eines Ministrantenbetreuers, der sich auch um den Fahrdienst bei der Aktion Sternsinger kümmert, verdeutlichte dies, denn auch schon in diesem Bereich müssen Schulungen stattfinden und erweiterte Führungszeugnisse beigebracht werden.
Es gibt mehrere Beratungsstellen im Erzbistum Bamberg, im Bereich des Dekanats ist das die Notruf- und Beratungsstelle für gewaltbetroffene Frauen und Kinder, Informationen finden sich auf der Webseite unter www.notrufstelle-coburg.de